Flüchtlings-Demo auf der Autobahn
Nachdem die ersten zwei Tage zwischendurch ja fast schon ein bisschen zu problemlos verlaufen sind, hat uns heute völlig unerwartet die Wirklichkeit eingeholt. Auf der Autobahn nach Ioannina - vielleicht 40 km, nachdem wir losgefahren waren - plötzlich Stau. Erst dachten wir an einen Unfall, doch ein Mitarbeiter der Straßenwacht erklärte uns, dass Flüchtlinge die Straße blockieren würden. Es stimmte. Mit einem Sitzstreik wollten ca. 200 Flüchtlinge offensichtlich auf schlechte Bedingungen im (offiziellen) Flüchtlingscamp Katsikas aufmerksam machen. Alle waren freundlich und friedlich. Die Reaktionen der betroffenen Auto- und Lkw-Fahrer waren geteilt. Viele zeigten Verständnis, manche waren genervt, weil sie gerade ebenfalls im Hafen angekommen waren. Ein LKW-Fahrer erklärte mir, dass er nach drei Tagen wieder in Griechenland sei und einfach nur nach Hause wolle. Trotzdem überwog Ruhe und Besonnenheit. Als ein paar Autofahrer einen Flüchtling wegtragen wollten, wurden sie daran gehindert. Friedlich.
Wir haben uns dann durchgefragt und Mimi von der Organisation Soup & Socks kennengelernt, die uns erklärte, dass die Vorwürfe der Flüchtlinge durchaus der Wahrheit entsprechen würden. Die Bedingungen seien schlecht, immer noch müssten manche auf dem Kiesboden schlafen. Wir haben daher spontan einige Isomatten dagelassen und werden in Kontakt bleiben. Soup & Socks versuchen, jeden Tag eine gute Mahlzeit für alle 1000 Flüchtlinge anzubieten und sind dafür auf Spenden angewiesen. Der Tagesbedarf liegt bei ca. 600 Euro. Wir sollten dort sicher etwas tun.
Etwas fragwürdig waren Anweisungen der Polizei, dass vor Ort keine Bildaufnahmen gemacht werden sollten. Zumal dies zunächst eine halbe Stunde toleriert worden war. Allerdings muss man auch positiv bewerten, dass die Polizei die ganze Zeit sehr ruhig und besonnen geblieben ist.
Irgendwann organisierte die Polizei, dass alle Pkw auf der Autobahn wenden konnten, um diese auf der letzten Ausfahrt zu verlassen. Leider ohne irgendeine Beschilderung, wo es anschließend weiter gehen sollte ... aber gut, nachdem vier weitere Autos ebenfalls durch die Nacht irrten, tat man sich eben zusammen. Einer fragt nach dem Weg und alle fahren dann hinterher. Nach ein paar Korrekturen klappte das dann auch ;-)
Nun sind wir wieder auf Kurs, wir werden gegen 1 Uhr in Polykastro ankommen. Die Wirtin unserer Pension nimmt es super locker. Wir sollen einfach anrufen, wenn wir da sind. Danke, Maria! Du kennst uns gar nicht und doch begegnest du uns mit herzlicher Gastfreundschaft. Auch diesen Eindruck nehmen wir mit nach Hause.
Nervös machen die letzten Berichte aus Idomeni. Wir werden sehen, in wieweit die Medien hier in den letzten Tagen ein realistisches Bild gezeichnet haben.
Eins wissen wir nun. Wir sind angekommen.